/// Indien 2025
Ende Januar reiste ich wieder nach Indien, nach Kerala……….
Ein Morgen am Kovalam Beach hat begonnen. Die Sonne beginnt sich über dem Horitont zu erheben und den Strand mehr und mehr in Licht zu tauchen. Die ersten Sonnenstrahlen beleuchten den feinen Sand und treffen auf die Frühaufsteher, die sich am Strand versammelt haben, ihre klassischen „Morning Walks“ mit nackten Füßen durch den Sand genießen, und einige in stiller Meditation verweilen, ganz im Einklang mit der Natur. Das sanfte Rauschen der Wellen liegt in der Luft und lässt, sicher nicht nur mich, immer wieder die Augen schließen.
Es ist sieben Uhr dreißig, und die Atmosphäre ist von einer friedlichen Gelassenheit erfüllt. Ich schlendere barfuß entlang des Lighthouse Beaches, der sich über etwa 500 Meter erstreckt. Auf der Promenade reihen sich kleinere Hotels, Unterkünfte, Restaurants und Geschäfte, die darauf warten, ihre Türen zu öffnen. Die ersten Restaurantbetreiber beginnen, die Tische einzudecken und bereiten sich auf den Ansturm der Gäste vor. Am Strand stellen die Mitarbeiter bereits Sonnenschirme und Liegen auf, um den Sonnenanbetern einen gemütlichen Platz im warmen Sand zu bieten. Die Temperaturen haben in dieser frühen Stunde bereits 28 °C erreicht – angenehm, da eine leichte Brise vom offenen Meer die Luft erfrischt.
Ich lasse mir Zeit und genieße den Morgen, während ich durch den Sand schlendere. Mein Blick wandert über die Szenerie, immer auf der Suche nach interessanten Motiven, die ich mit meiner Kamera festhalten kann. Im vergangenen Jahr hatte ich die Fischer beinahe täglich beobachtet, wie sie ihre Netze einholten und den Fang präsentierten. Doch in diesem Jahr scheint sich der Alltag der Einheimischen verändert zu haben. Es wurde mir berichtet, dass viele Fischer nicht mehr jeden Tag hinausfahren, da die Erträge aus den Netzen immer spärlicher werden. Die Mühe, die sie aufbringen, bringt oft nicht genug für ihre Familien, geschweige denn größere Fische, die sie an die umliegenden Restaurants verkaufen könnten.
Trotz der Herausforderungen sind die Menschen hier geschäftstüchtig. Die Hochsaison beginnt im November und dauert bis Anfang April, dann beginnt die Regenzeit mit dem Monsun, der im Mai einsetzt und die Region mit kräftigen Schauern überzieht. Eine Frau sitzt geduldig am Strand und wartet darauf, dass die ersten Touristen ihre Liegen beziehen. Sie hat tropische Früchte – Bananen, Ananas, Mangos, Papayas und Kokosnüsse – mitgebracht, die sie in mundgerechte Stücke geschnitten auf einem Weißblechteller anbietet. Viele der „Fruit Ladys“ kenne ich bereits seit Jahren; unser Austausch ist stets herzlich. Wenn wir uns begegnen, fragen wir uns nach dem Befinden und der Familie – eine schöne Tradition, die die Verbindung stärkt.
Obwohl ich mich bei diesem morgendlichen Spaziergang noch nicht für einen „Fruit-Salat“ entschieden habe, erlaubt sie mir mit einem freundlichen Lächeln, sie abzulichten. Ihre Freundlichkeit spiegelt die Lebensart und Freude der Menschen hier am Kovalam Beach wider – ein idealer Beginn eines neuen Tages in Indien.
Neben Erholung bietet der Strand mit seiner Umgebung die Möglichkeit von lokalen Händlern alles mögliche an Mitbringseln zu erwerben. Es sind nicht nur die „Fruit Ladys“ die während der Hochsaison alle Hände voll zu tun haben, um ihren Lebensunterhalt zu sichern. Neben ihnen gibt es auch andere talentierte Verkäufer, wie dieser Herr, der eine Vielzahl von Tüchern, Decken und Schals anbietet, die aus hochwertiger Baumwolle oder teils aus feiner Seide gefertigt sind.
Insbesondere die Tücher finden großen Anklang, da sie vielseitig einsetzbar sind. Männer nutzen sie häufig als Lungis, eine traditionelle indische Form des Wickelrocks. Der Lungi besteht aus einem rechteckigen Stück Stoff, dessen Kanten sich überlappen und ist durch einfaches Umschlagen geschickt um die Hüfte gehalten. Diese praktische und luftige Bekleidung ist nicht nur komfortabel, sondern auch ein Teil der kulturellen Identität vieler Menschen in Indien.
Überall in Indien, können wir auch die Schönheit der Seidensaris bewundern. Diese ungenähten Wickelröcke mit einem Schulterüberwurf sind für Frauen ein beliebtes Kleidungsstück. Sie sind leicht zu tragen und strahlen Eleganz und Stil aus, oft verziert mit aufwendigen Stickereien, die jedes Stück zu einem Kunstwerk machen.Auch mancher Tourist entdeckt den Reiz, einen Lungi zu tragen. Einfach, luftig und unkompliziert – eine willkommene Abwechslung zur typischen Reisebekleidung.
Die Winterzeit in Indien erstreckt sich in der Regel von Dezember bis Februar und lädt Touristen aus aller Welt ein Sonne aufzutanken. Mit dem Einsetzen des Märzes beginnt die Sommerzeit, auch als Pre-Monsunzeit bekannt, bevor der Mai schließlich in die ersehnte Regenzeit übergeht. Die Strände Indiens, die sich über eine beeindruckende Länge von 7000 km erstrecken, sind von daher immer gut besucht.
Im südlichen Kerala, am berühmten Kovalam Beach, nutzen Strandverkäufer jeden Tag der Saison und scheinen unermüdlich unterwegs, um ihre Waren anzubieten. Einer dieser Verkäufer ist ein Mann, den ich nun seit mehr als zwei Jahrzehnten kenne. Jeden Tag sieht man ihn am Strand, stolz seine gerösteten Cashewnüsse verkaufend – salzig oder mit Chili gewürzt. Bei einem früheren Gespräch offenbarte er mir, dass er bei einem Motorradunfall seinen linken Arm verloren hatte und davor als Schreiner gearbeitet hatte. Trotz dieses Schicksals hat er eine neue Lebensaufgabe gefunden, er bringt Geld für seine Familie nach Hause und bietet gleichzeitig den Touristen einen kleinen Gaumenschmaus an.
Mit seinem Karton voller Cashewnüsse, den ich auf 10-12 Kg Gewicht schätze, bin ich innerlich immer beschämt, denn er kann das alles nur mit seinem rechten Arm bewerkstelligen. Täglich durchquert er den heißen Sand, von morgens bis abends auf der Suche nach Kundschaft. Abends findet man ihn oft irgendwo an der Promenade sitzend, die Blicke der Passanten auf sich ziehend und darauf hoffend, den nächsten Käufer zu gewinnen. Mein Versprechen, bei ihm vor meiner Abreise zwei große Packungen Cashewnüsse zu kaufen, ist ihm gewiss. Hier am Kovalam Beach, wo jeder Verkäufer hart arbeitet, wird klar, werden die täglichen Herausforderungen mehr als deutlich. Ob Fruit Ladys, die mit frisch geernteten Früchten und Kokosnüssen aus Trivandrum, das etwa 20 km entfernt liegt, mit dem Bus anreisen, oder es die Verkäufer mit ihren Tüchern, Schals und Decken sind, ob jemand handgefertigte Grußkarten, Schnitzereien aus Speckstein und Holz sowie Trommeln anbietet, alle hoffen auf Kundschaft.
Tag ein, Tag aus, sind sie extremen Witterungsbedingungen ausgesetzt. In der glühenden Sonne und unter hohen Temperaturen bestreiten sie ihren Lebensunterhalt, was großen Respekt verdient. Für mich ist es ein großes Anliegen, auch am Strand einzukaufen. Wenn ich ihre Cashewnüsse und Früchte kaufe oder auch nur Grußkarten mit nach Hause bringe, unterstützt es ihren Lebensunterhalt und bereichert mich mit der Verbindung die zu den Menschen vor Ort für mich entsteht.